Hallo liebe
Natur und Tierfreunde,
Heute
möchte ich gerne mal etwas über mein Lieblingstier den
Gorilla bringen. Ich mag Gorillas sehr gerne, sie sind friedliebend,
gemütliche und intelligente Tiere. Sie ernähren sich fast
vegan mit ausnahmen.
Gorilla sind fast
am austerben und mit den Bericht, den ich hier veröffentliche
möchte ich den Gorilla den Menschen etwas nahe bringen.
Der Bericht ist
erstellt worden von:
Johannes Gutenberg-Universität
Mainz Institut für Anthropologie
Hausarbeit zur Lehrveranstaltung:
Primatologische
Übung WS 1998/99
Leitung: Prof.
Dr. W. Henke und Dipl.-Biol. E. Frauendorf
Gorillas in
Freiland und in Menschenhand
ein Vergleich Anja Poenick
Abgabedatum:
08.06.1999
Themen:
Der
Gorilla in seinem natürlichen Habitat - Flachlandgorilla -
Berggorilla - Grauergorilla - Wie der Gorilla in den Zoo kam - Gorillas
im Freiland und in Menschenhand: ein Vergleich - Nahrungsaufnahme
- Handaufzucht und ihre Folgen - Beschäftigung mit dem eigenen
Körper - Fortpflanzung
I. Einleitung
Lange Zeit hatte es gedauert, bis der Mensch
es schaffte, Gorillas aus Afrika lebend nach Europa zu transportieren
und etliche Gorillas mußten ihr Leben lassen, ehe man so viel
Einsicht und Erkenntnis gewann, daß dieseGeschöpfe auch
in der Fremde länger als bloß ein paar Wochen überlebten.
Doch aufgrund der immer größeren Nachfrage der Zoologischen
Gärten nach Gorillas wuchs das Bestreben, die Lebensbedingungen
der Gorillas in Menschenobhut immer mehr zu verbessern, und damit
das Überleben in Gefangenschaft zu sichern.
Die Vorstellung davon, wie Gorillas im Zoo am besten gehalten werden
sollten, wandelte sich im Laufe der Zeit, ebenso wie das Bild des
Gorillas an sich.
Heute sind die Zeiten des Wildfangs vorbei. Die heutzutage in Gefangenschaft
lebenden Gorillas stammen aus der erfolgreichen Zucht von in Zoos
lebenden Tieren. Auch ist die Sterblichkeitsrate der Gorillas stark
gesunken. Doch auch wenn sich die Bedingungen im Zoo für die
Gorillas im Laufe der Jahre scheinbar zum Positiven verändert
haben, so stellt sich doch weiterhin die Frage nach den optimalen
Lebensbedingungen in Gefangenschaft. Fühlen sich die Gorillas
denn wirklich wohl in Menschenobhut? Ist der erste Eindruck, daß
sich die Gorillas im Zoo prächtig entwickeln und scheinbar
einen adäquaten Ersatz für ihre Umwelt- und Lebensbedingungen
in ihrer Heimat Afrika gefunden haben, auch noch nach näherer
Betrachtung aufrecht zu erhalten?
Oder gibt es etwa doch Zeichen, daß die Zoohaltung, und sei
sie noch so Fortgeschritten und entwickelt, bloß ein ungenügender
Ersatz ist für eine natürliche Umgebung, die wir auch
mit größter Mühe nicht zu ersetzen vermögen?
Diese Fragen stellten sich mir während meines Praktikums im
Zoologischen Garten in Frankfurt am Main im Herbst 1998. Mir bot
sich u. a. die Möglichkeit, zwei Wochen im Menschenaffenhaus
zu arbeiten, was mir einen besonderen Einblick in den Zooalltag
dieser Tiere verschaffte. Aus diesen Erlebnissen heraus entstand
das Bedürfnis, die Zootiere mit ihren freilebenden Artgenossen
zu vergleichen. Daher soll nun ein Blick auf die Tiere selbst geworfen
werden. Lassen wir die Gorillas für sich selbst "sprechen".
Welche
Unterschiede treten zwischen Artgenossen im Freiland und in Menschenobhut
auf? Wie verändern sich die Tiere im Zoo im Vergleich zu ihren
freilebenden Verwandten?
In dieser Arbeit sollen dabei ausschließlich die Unterschiede
festgehalten werden. Sich mit den Gemeinsamkeiten der Gorillas im
Zoo und im Freiland zu befassen, würde den Rahmen dieser Arbeit
sprengen, doch soll es ja auch primär Aufgabe sein, ein Augenmerk
auf die Veränderungen zu werfen, die letztlich der Mensch ganz
alleine zu verantworten hat.
II. Der Gorilla
in seinem natürlichen Habitat
Die
Art Gorilla gorilla wird üblicherweise in drei Unterarten eingeteilt:
o Gorilla
gorilla gorilla - (westlicher) Flachlandgorilla
o Gorilla gorilla
beringei - Berggorilla
o Gorilla gorilla
graueri - östlicher Flachlandgorilla oder Grauergorilla
Diese drei Unterarten
können auch aufgrund einiger anderer Merkmale (z.B. Nasenbreite,
Fellfarbe, Armlänge) unterschieden werden, doch spielt für
die zugrundeliegende Fragestellung die natürliche Herkunft
und Umgebung die entscheidendere Rolle.
1. Flachlandgorilla
(Gorilla gorilla)
Das Verbreitungsgebiet des Flachlandgorillas
erstreckt sich über den Westen der zentralafrikanischen Regionen.
Man findet ihn noch heute im äquatorialen Westafrika ( Gabun,
Zentralafrikanische Republik, Äquatorial-Guinea, Kongo, Kamerun,
Nigeria). Weiter nördlich und westlich gibt es ihn in einem
isolierten Gebiet am Cross River in Nigeria und Kamerun.
Der
natürliche Lebensraum der Flachlandgorillas zeichnet sich durch
ein tropisch warmes Klima aus. Die mittlere Tagestemperatur in Rio
Muni (Äquatorial-Guinea) beträgt 25°C bei einer mittleren
Luftfeuchtigkeit von 90%. Primär- und Sekundärwald gehören
ebenso zum natürlichen Lebensraum wie Sumpfgebiete, überflutete
Wälder, Terra firma (dichter Wald mit zeitweise trockenem Boden)
und Savannen, in denen besonders Süß- und Sauergräser
wachsen.
Entsprechend
des natürlichen Lebensraums ernährt sich der Flachlandgorilla
besonders von Früchten, deren Anteil an der Nahrung jedoch
von der Jahreszeit abhängig ist. Zudem werden viele grüne
Pflanzenteile aufgenommen.
1
Meder: Gorillas - Ökologie und Verhalten. Seite 27 f sowie
Godwin: Gorillas. Seite 18.
2 Meder 1993, 30 ff.
3 Meder 1993, 46
2. Berggorilla
(Gorilla gorilla beringei)
Der vom Aussterben stark bedrohte Berggorilla
ist in den oberen Regionen der Virunga-Vulkane am Dreiländereck
Ruanda - Uganda - Zaire (heute: Demokratische Republik Kongo) beheimatet
sowie dem Impenetrable Forest in Uganda. Diese Unterart lebt heute
nur noch in großen Höhen, da sie durch die Abholzung
des Waldes in den niederen Regionen zum Ausweichen gezwungen wird.
Der Lebensraum der Berggorillas ist durch zwei Regen- und Trockenzeiten
gekennzeichnet. Die Temperaturen steigen nicht so an wie im Gebiet
der Flachlandgorillas (Tageshöchsttemperatur in 3000 m 14-15°C).
Es herrscht ein naßkühles Klima.
Die Berggorillas nutzen alle Vegetationszonen, die am Virunga-Vulkan
vorkommen, d.h. vom Bergwald (unterhalb 3000 m), Bambuswald (2500-3300
m), Hagenia-Wald (2740-3700 m), Hypericum-Wald (3300-3800 m) über
Baumheide (3300-3800 m), Wiesen (3300-3800 m) bis Riesensenecios
und - lobelien (3300-4300 m) und der Alpinen Zone (ab 3550-4300
m). Meist halten sich Berggorillas jedoch im Hagenia-Wald auf, der
sich durch eine offene Vegetation auszeichnet und durch das Rosengewächs
Hagenia abyssinica. Hohe Sträucher, besonders das Kreuzkraut
Senecio trichopterygius, Ruwenzori-Ampfer Rumex ruwenzoriensis,
Distel Carduus afromontanus und die Nessel Laportea alatipes bestimmen
das Szenario.
Aufgrund der Vegetation besteht die Nahrung des Berggorillas
fast ausschließlich aus Blättern, Stengeln, Mark und
Sprossen. Der Früchteanteil fällt entschieden geringer
aus.
3. Grauergorilla
(Gorilla gorilla graueri)
Der östliche Flachlandgorilla ist im
östlichen Zaire (heute: s.o.) anzutreffen.
Die
beiden Wissenschaftler Emlen und Schaller entdeckten 1959 dabei
eine Reihe voneinander getrennter kleiner Gebiete, in denen einzelne
Gruppen dieser Unterarten leben.Die Vertreter dieser Unterart leben
in einer Höhe zwischen 2100 und 2600 m, doch halten sie sich
vorwiegend in den tiefer gelegenen Regionen auf. Der Lebensraum
umfaßt sowohl Primär- als auch Sekundärwald und
beinhaltet die Vegetationszonen des Bergwaldes (2000-2400 m), Bambuswaldes
(2350-2600 m), Sumpfwaldes (2250-2350 m), Hagenia-Waldes (1800-2100
m) sowie der Wiesen (2300 m).
Auch
die letzte der drei genannten Gorilla-Unterarten ernährt sich
vegetarisch.
Hauptsächlich Blätter stehen auf ihrem täglichen
Speiseplan.
III. Wie der
Gorilla in den Zoo kam
Die ersten Gerüchte über die Existenz der Gorillas kamen
bereits im 17. Jahrhundert nach Europa, doch wuchsen das Interesse,
die Anzahl der Geschichten, Mythen und Legenden im 19. Jahrhundert
beachtlich an, als Westeuropa sein Augenmerk verstärkt auf
den afrikanischen Kontinent richtete. Unglaubliche Horrorgeschichten
über wilde Bestien, die Gewehrläufe zerbeißen (Abb.
4) und Menschenfrauen rauben würden, prägten lange das
Bild von den Gorillas.
So veröffentlichte
zum Beispiel der Anatom Owen 1859 ohne je einen lebenden Gorilla
gesehen zu haben:
"Wenn
Neger durch das Zwielicht der tropischen Wälder schleichen,
erkennen sie die Nähe einer dieser erschreckend tödlichen
Bestien oft nur daran, daß einer ihrer Kumpane plötzlich
verschwindet: heraufgezogen in
einen Baum, jammernd, vielleicht gar einen Todesschrei auf den
Lippen.
Wenige Minuten später wird nur noch ein lebloser Körper
zu Boden geworfen."
Paul Du Chaillu
kommt die fragwürdige Ehre zu, der erste weiße Mann gewesen
zu sein, der 1856 einen Gorilla erschoß. Die Gruselgeschichten
über die Bestie Gorilla verkauften sich gut - genau das wollten
die Leute hören. Daher verwundert es keineswegs, daß
das Bemühen wuchs, einen lebenden Gorilla aus Afrika zu exportieren,
um von der Sensationsgier der Leute zu profitieren. So dachte z.B.
auch P. T. Barnum, der Erfinder des Drei-Manegen-Zirkus, der am
Ende des 19. Jahrhunderts eine Expedition finanzierte, um ein Gorillababy
für seine Show zu erhalten. Das von Barnums Jägern gefangengenommene
Gorillajunge überlebte den Transport nach Amerika nicht - ebenso
wie viele andere seiner Artgenossen zuvor. So berichtet George Schaller
(1988, 90 f.) über einen Gorillafänger:
"
In West Africa, for example, an unscrupulous American dealer shot
down whole gorilla groups in order to obtain the infants. Most
of these infants died from diseases - or sheer loneliness - before
reaching zoos. Here is an extract from a report by a collector
for a medical institute:On the other side of a small clearing
a female was playing with a small baby. Everything seemed perfect
for a good shot. The gorilla wasn`t fifty yards away and was unconscious
of our presence. But I couldn`t help thinking of the other gorillas
that we could hear, and couldn`t see. ... But there was nothing
for it, I had to shoot. I took plenty of time and when I stopped
shaking, I made a clean hit through the skull, killing her instantly.[The
male rushed up.] I fired and hit him in the shoulder. He staggered
for a second, but kept going. I fired again, and again he staggered.
..
The
infant, so mercilessly obtained, died a few days later because
no provision had been made for its care. For each of the eighty-five
gorillas alive in the United States today, at least five others
died while being captured or before they reached a zoo, a sad
commentary not only on many collectors, but also on zoos, which
for the most part care little how their animals are obtained."
1931 gelang es
Martin und Osa Johnson erstmals ein Paar junger Berggorillas lebend
nach Amerika zu transportieren. Sie wurden an den Zoo von San Diego
verkauft. Jeder Tiergarten- oder Zirkusbesitzer wollte nunmehr eine
dieser vermeintlichen Bestien besitzen. Sie dienten allein als Attraktion.
Der Bedarf an Gorillas wurde weitgehend aus Wildfängen gedeckt.
Wie viele Tiere sterben mußten, ehe eines davon lebend in
dem Bestimmungszoo ankam, ist schwer zu sagen. Meist mußte
man die ganze Gorillagruppe töten, ehe man an das begehrte
Jungtier herankam. Und ob dieses den langen Transportweg dann auch
überstand, war fraglich.
Die meisten der Gorillas verendeten bald nach der Ankunft im Zoo,
denn man schätzte ihre Bedürfnisse völlig falsch
ein, da man ein verkehrtes Bild von ihnen hatte und sie noch unzureichend
erforscht waren.
"Die
Anthropomorphen-Affen sind sehr für den seelischen Einfluß
des Menschen empfänglich. Je mehr sich der Mensch mit diesen
Tieren abgibt, um so eher vergessen sie ihre Gefangenschaft, und
um so besser gedeihen sie. Bisher will es nicht gelingen, die
Gorillas längere Zeit am Leben zu erhalten. Kaum daß
diese Tiere nach ihrer Ankunft in Europa einige Wochen in der
Gefangenschaft überstehen,so werden sie von Tag zu Tag teilnahmsloser
gegen ihre Umgebung, verweigern schließlich alle Nahrung
und liegen eines Morgens, ohne vorher eigentlich körperlich
krank gewesen zu sein, entseelt in ihren Käfig. Ich glaube
annehmen zu dürfen, daß es seelische Leiden sind, welche
die melancholisch beanlagten Geschöpfe dahinraffen. Wohl
sind ab und zu Gorillas längere Zeit in der Gefangenschaft
gehalten worden, doch bilden solche Fälle Ausnahmen. Zu diesen
Ausnahmen gehörte ein junger, männlicher Gorilla, der
es im Aquarium zu Berlin vier Jahre aushielt und ein Gorillaweibchen,
welche acht Jahre im Zoologischen Garten in Breslau lebte. Vielleicht
gelingt es auch mir noch später, den richtigen Weg zu ihrer
Erhaltung zu finden. Meiner Ansicht nach scheiterte die Sache
bisher nicht an der äußeren Pflege, die diesen Affen
zuteil wird, sondern an der seelischen Behandlung. Man hat diesen
hochorganisierten Affen,ebenso den Orangs und Schimpansen, bisher
viel zu wenig Empfindung zugetraut. Ich glaube bestimmt, daß
die Gorillas an Heimweh zugrunde gehen."
In den letzten
50 Jahren jedoch gelangten die Tiergärten mehr und mehr zu
der Einsicht, daß es wichtiger sei, dem Besucher Wissen über
gefährdete Tierarten zu vermitteln, als der bloßen Unterhaltung
zu dienen.
So sind die Zeiten des Wildfangs seit mehr als zwei Jahrzehnten
vorbei, denn den Tiergärten gelang die erfolgreiche Zucht dieser
großen Menschenaffen.
Dazu war es zunächst
nötig, den Minimalbedürfnissen der Gorillas gerecht zu
werden, damit ein Überleben gesichert wurde. Aber nicht nur
das bloße Überleben ist für die erfolgreiche Zucht
nötig, sondern auch das Bereitstellen eines Lebensraumes, in
dem sich diese Tiere einigermaßen wohl fühlen, so daß
sie zur Paarung bereit sind. Die Vermehrung der in Gefangenschaft
lebenden Gorillas wird durch das Species Survival Program (SSP)
gefördert, einem Programm, abhängig vom Zuchtbuch im Frankfurter
Zoo, in dem alle in Menschenobhut lebende Gorillas registriert sind,
d.h. deren Namen, Herkunft, Alter, Geschlecht und weitere Informationen.
Das Ziel des Programms ist es, durch einen kontrollierten Austausch
von Tieren unter den verschiedenen Zoos, Inzucht
sowie weitere Wildfänge zu verhindern. Derzeit leben ausschließlich
Flachlandgorillas in Gefangenschaft, deren Züchtung mittlerweile
gut voranschreitet. Colo war der erste in Gefangenschaft geborene
Gorilla. 1956 wurde dieses Gorillaweibchen im Zoo von Columbus,
Ohio, geboren. Sie wurde jedoch von Menschenhand aufgezogen. Jambo
(geboren 1961) war das erste Gorillababy, das in Gefangenschaft
von seiner Mutter selbst aufgezogen wurde.
IV. Gorillas
im Freiland und in Menschenhand - ein Vergleich
Der nun folgende Abschnitt beschäftigt
sich mit dem Vergleich zwischen Gorillas im Zoo und den in freier
Wildbahn lebenden Menschenaffen. Im Rahmen dieser Arbeit kann es
jedoch nur darum gehen, die auffälligen Unterschiede darzustellen,
Gemeinsamkeiten werden nicht berücksichtigt, da diese in allgemeinen
Darstellungen über Gorillas gut nachzulesen sind. Wichtig ist
anzumerken, daß der herausragende Teil der Freilandstudien
am Berggorilla durchgeführt wurde, der westliche Flachlandgorilla
jedoch auf Grund der klimatischen Verhältnisse seiner natürlichen
Heimat kaum in freier Wildbahn beobachtet wurde. Das Zooleben ist
jedoch ausschließlich am westlichen Flachlandgorilla erforscht
worden, da nur er in Zoos gehalten wird. Aus diesem Grund ist es
noch nicht möglich, das Freileben der Berggorillas mit ihrem
Zooleben zu vergleichen oder das Freileben der Flachlandgorillas
mit ihrem Zooleben. Man ist also derzeit gezwungen, das Zooleben
der westlichen Unterart mit dem Freileben der Berggorillas zu vergleichen.
Dies bedeutet, daß die hier angeführten Auffälligkeiten
bei Zootieren am westlichen Flachlandgorilla beobachtet wurden und
mit freilebenden Berggorillas verglichen werden müssen.
1. Nahrungsaufnahme
Dank
der sich immer erweiterndenKenntnisse
über diese großen Menschenaffen ist es den Zoos möglich,
den Gorillas eine adäquate Kost zu bieten. Dazu gehört
auf dem Speiseplan des westlichen Flachlandgorillas sehr viel Obst.
Im
Frankfurter Zoo erhält die Gorillagruppe (ausschließlich
der westlichen Unterart angehörig) neben Apfelsinen, Bananen
und Kiwis in der Hauptsache Äpfel. Aber auch Gemüse wie
Rote Rüben, Kohl, Salat und Mohrrüben, sowie täglich
frische Sprossen werden ihnen geboten.
Jedoch
zeigen Zootiere trotz der ausgewogenen Ernährung ein Verhalten,
das von freilebenden Tieren nicht bekannt ist:das
Hochwürgen und Wiederaufnehmen von Nahrung. Dies ist ein häufiges
Verhalten von Gorillas im Zoo, was womöglich damit zusammenhängt,
daß die Zootiere nicht so viel Zeit für die Ernährung
benötigen wie im Freiland, wo sich die Nahrungsaufnahme über
den ganzen Tag erstreckt. Eine weitere Erklärung bietet Ruempler
(1990) an, indem er sagt, daß die Tiere oft gezwungen seien,
ihr Futter allzu hastig zu sich zu nehmen, damit es nicht von anderen
dominanten Mitgliedern der Gruppe gefressen wird. Zudem schauen
sich Jungtiere dieses Verhalten oft von den Erwachsenen ab und übernehmen
diese Angewohnheit.
Auch im Frankfurter Zoo gibt es ein Gorillaweibchen, das diese Gewohnheit
an den Tag legt: sie würgt das Futter vor den Augen der Besucher
hoch, spuckt es in ihre Hand und streckt sie den Besuchern entgegen,
die sich häufig angewidert abwenden. Der Nahrungsbrei wird
dann wieder zu sich genommen. Man kann sehr gut beobachten, daß
diese Gorilladame dieses Schauspiel um so häufiger wiederholt,
je angewiderter die Zuschauer reagieren. Ekelverzerrte Gesichter
animieren dazu, den Brei erneut hochzuwürgen. Beachtet man
das ganze überhaupt nicht, verliert auch das Gorillaweibchen
allmählich das Interesse am Hochwürgen des Futters.
2. Handaufzucht
und seine Folgen
Die Handaufzucht durch den Menschen wird als
letzte Maßnahme ergriffen, falls es zu einer Verweigerung
des Jungtieres durch die Mutter kommt, was häufig unter Zoobedingungen
der Fall ist. Muttertiere lassen das Junge nicht trinken, mißhandeln
es oder interessieren sich überhaupt nicht dafür. Um das
Leben der Gorillakinder zu retten, wird dann eine menschliche Ersatzmutter
beordert, die sich um die Aufzucht des Jungtieres kümmert.
Dadurch ergeben sich jedoch viele negative Folgen, die durch den
mangelnden Körperkontakt hervorgerufen werden (unter normalen
Umständen sind die Gorillakinder die meiste Zeit - besonders
des nachts - in engem Körperkontakt mit ihrer Mutter; Es können
als Folgen abnormale und stereotype Verhaltensweisen auftreten.
Meder (1993) nennt Fingerlutschen, rhythmisches Schaukeln oder zielloses
Herumrutschen auf dem Boden. Stereotypien wurden im Freiland noch
nie beobachtet.
12 Meder 1993, 47 f.
Durch
die Handaufzucht treten viele Veränderungen im Verhalten auf,
die mehr oder weniger dramatisch erscheinen. So läßt
sich bereits bezüglich der Entwicklung der Bewegungsweisen
ein Unterschied feststellen. Handaufgezogene Gorillas, die häufig
auf den Bauch gelegt werden (wie Menschenbabys), beginnen mit der
Fortbewegungsweise des Krabbelns, wohingegen Jungtiere, die von
ihren Artgenossen aufgezogen werden, sofort mit dem vierfüßigen
Laufen beginnen (ab dem 4. Monat; im 5. Monat erste Kletterversuche).
Das
Nestbauverhalten ist scheinbar angeboren, denn handaufgezogene Gorillas
zeigen dieses Verhalten ebenso, auch wenn sie es nicht von älteren
Artgenossen abgeschaut haben. Noch bevor die Gorillakinder ein Jahr
alt werden, beginnen sie, Nester zu bauen, wobei Zootiere alle Materialien
dafür verwenden, die sie bekommen, und sei es Plastik. Jedoch
zeigt sich darin ein Unterschied zwischen Zootieren und freilebenden
Gorillas. Letztere können bereits mit 18 Monaten taugliche
Ruhenester für den Tag bauen, wohingegen ein schon 5jähriges
handaufgezogenes Tier nicht in der Lage ist, ein brauchbares Nest
zu bauen, denn "die notwendigen Verhaltenselemente für
den Nestbau sind folglich angeboren, doch ihre richtige Anwendung
muß gelernt werden. Wie ein Nest angelegt wird und was man
damit tut, das sieht ein Gorillakind im Normalfall bei seiner Mutter,
die jeden Abend ein solches konstruiert und darin mit dem Kind im
Arm schläft"(Meder 1993, 140.).
Daß Gorillakinder, die von Menschenhand aufgezogen werden,
den Nestbau nicht perfektionieren, scheint zunächst ein kleines
Problem zu sein, das wohl sicherlich keinen allzu großen Kummer
hervorrufen mag. Doch gerade im Hinblick auf eine mögliche
Auswilderung handaufgezogener Tiere, ist dieses Defizit nicht zu
ignorieren. Es ist hierbei von großer Bedeutung, daß
verwaiste Gorillakinder von ihrer menschlichen Ziehmutter lernen,
den Nestbau so weit als möglich zu perfektionieren, um dann
später, bei erfolgreicher Auswilderung, eigene brauchbare und
stabile Ruhe- und Schlafnester bauen zu können.
Schwierigkeiten
ergeben sich bei der Eingliederung handaufgezogener Tiere in eine
Gorillagruppe. Die in der Gruppe lebenden Jungtiere (im Freiland
sowie im Zoo) lernen durch den ständigen Kontakt mit den erwachsenen
Tieren recht schnell ihre eigenen Grenzen kennen, lernen sich einzugliedern
und unterzuordnen - sie lernen normale soziale Beziehungen. Diese
Erfahrungen fehlen den handaufgezogenen Tieren, so daß es
dann später häufig große Schwierigkeiten gibt, wenn
es darum geht, sich in einer fremden Gruppe einzugewöhnen.
Der fehlende Kontakt zu erwachsenen Tieren macht sich nun deutlich
bemerkbar.
Schwierigkeiten
treten auch dann auf, wenn sich die von Menschenhand aufgezogenen
Tiere zu sehr mit dem Menschen identifizieren und ihn statt des
Gorillas als Artgenosse betrachten.
Ein Beispiel hierfür ist Zsa-Zsa, ein Gorillaweibchen, das
am 4.12.1986 im Tierpark Hellabrunn/ München geboren wurde
und seit August 1991 im Frankfurter Zoo lebt. Auch sie wurde von
Menschenhand aufgezogen und identifizierte sich so stark mit dieser
unbehaarten Art Homo sapiens, daß sie anfing, sich die Haare,
besonders am Unterarm, auszuzupfen, um ihren vermeintlichen "Artgenossen"
ähnlicher zu sehen.
Der
mangelnde Kontakt mit Artgenossen in der Jugend bei Handaufzucht,
kann sich auch bis ins Erwachsenenalter auswirken. So hat man feststellen
können, daß sich handaufgezogene weibliche Gorillas seltener
fortpflanzen als mutteraufgezogene Tiere. Gorillas, die in der Gruppe
leben, sehen zwangsläufig, wie sich Artgenossen paaren. Fehlt
den Tieren diese Erfahrung, haben sie später oft Schwierigkeiten
bei der eigenen Fortpflanzung.
"Im
verzweifelten Versuch, ihre geschlechtsreifen Gorillas zur Paarung
anzuregen, wurden den Affen im Zoo von San Francisco vor einigen
Jahren sogar pornographische Filme gezeigt." (Godwin
1994, 43.)
Zudem
lehnen handaufgezogene ihre eigenen Jungtiere viel häufiger
ab und wissen oft nicht so recht, wie sie sich als Mütter ihrem
Kind gegenüber zu verhalten haben).
3. Beschäftigung
mit dem eigenen Körper
Gorillas betreiben Körperpflege häufiger
bei sich selbst als bei Mitgliedern der Gruppe. Dabei werden die
Haare auseinandergestrichen und von Schmutz befreit. Pflanzenteile
dienen zum Beispiel auch dazu, Kotreste zu entfernen, die sich am
Fuß oder im Fell befinden.
Im Zoo beschäftigen sich diese Tiere sehr intensiv mit ihrem
Körper und verletzen sich oft sogar selbst dabei. Das Haarausreißen
ist hierbei noch eine der harmlosen Formen.
"Einzelne
Gorillas beginnen in besonders belastenden Situationen, sich selbst
zu verstümmeln, indem sie ihre Zehen durch übermäßige
`Körperpflege´ verletzen und sich so stark mit diesen
Wunden befassen, daß die Zehen oder Teile des Beins amputiert
werden müssen." (Meder
1993, 91.)
4. Fortpflanzung
Bei Berggorillas im Freiland tritt die erste
Brunst tritt im Durchschnitt mit 6 Jahren auf, der erste Eisprung
erfolgt jedoch etwa zwei Jahre später.
Unter Zoobedingungen kann man eine viel früher einsetzende
Brunst registrieren. Die erste Brunst kann u. U. bereits mit 4 1/2
Jahren erfolgen, der erste Eisprung bereits am Ende des 6. Lebensjahres.
Im Freiland setzt der Eisprung frühestens mit 8 Jahren ein.14
Man nimmt an, daß auch die Geschlechtsreife beim Gorillamännchen
im Zoo wesentlich früher einsetzt als im Freiland (da jedoch
Schwarzrückenmänner aufgrund der Gruppenstruktur keine
Nachkommen zeugen, sind Angaben über den Beginn der Zeugungsfähigkeit
aus dem Freiland nicht bekannt).
Das Alter der weiblichen Gorillas bei ihrer ersten Geburt beträgt
im Freiland im Schnitt 10 Jahre, frühestens ca. 8 1/2 Jahre
im Freiland und ca.6 1/2 Jahre im Zoo.
Vergleicht man die mittlere Zyklusdauer, so zeigt sich ein etwas
verlängerter Zyklus bei Zootieren von 30-32 Tage im Vergleich
zu den freilebenden Gorillas, deren Zyklusdauer nur 28 Tage beträgt.
Auch der Geburtenabstand ändert sich unter Zoobedingungen:
Meder 1993, 146.
Freiland Zoo
Mittelwert: 3
Jahre u. 10 Monate 4 Jahre u. 3 Monate
Spanne: 3 - ca. 7 Jahre ca. 2 Jahre - ca. 12 Jahre
Die Sterblichkeitsrate
von Jungtieren in Gefangenschaft ist etwas geringer im Vergleich
zum Freiland. So sterben im Freiland etwa 26,2% der Jungtiere im
1. Lebensjahr, wohingegen es im Zoo nur 21,6% sind.15
alle Zahlenangaben
aus: Meder 1993, 208 f.
V. Zusammenfassende
Worte
Unter den drei großen Menschenaffenarten
gilt der Schimpanse als der Clevere, der Orang Utan als der Nachdenkliche
und der Gorilla als der Weise.
Doch wie wir gesehen haben, dauerte es eine ganze Zeit, bis der
Gorilla das Ansehen eines sanften Riesens erhielt und sich das Bild
in den Köpfen der Menschen von einer blutrünstigen, menschenfressenden
Bestie gewandelt hat.
Doch betrachtet man einen Gorilla, verwundert es kaum, daß
er lange Zeit als wilde Kreatur galt. Seine Größe, sein
Gewicht, seine Kraft, sein Gebiß, sein Gebrüll, sein
Brusttrommeln - sein ganzes Erscheinungsbild läßt auf
den ersten Blick dieses Tier eher als Monster, denn als friedlichen
Vegetarier erscheinen.
"Somewhere
ahead and out of sight , a gorilla roared again, uuua - uuua!
an explosive, halfscreaming sound that shattered the stillness
of the forest and made the hairs on my neck rise."
Aber
vielleicht wirkt er heute gerade deshalb so faszinierend auf viele
Menschen. Es erstaunt, daß ein so großes, schweres
und kräftiges Tier, welches Dank seiner Muskelkraft ohne
Weiteres in der Lage wäre, einen Menschen zu töten,
doch bloß ein sanfter Riese ist.
So mancher Zoobesucher denkt, daß dieses Tier so leicht
nichts aus der Bahn wirft. Aber wie diese Arbeit zeigen sollte,
ist diese Annahme völlig falsch. Der Schein trügt, denn
trotz seiner gesunden und kräftigen Erscheinung, zeigen sich
mehr oder minder auffällige Veränderungen, Abweichungen,
sei es im Verhalten oder der Physiologie, die mitunter nicht immer
auf den ersten Blick zu erkennen sind und daher den meisten Zoobesuchern
völlig unbemerkt bleiben. Aber auch etwas auffälligere
Veränderungen, wie etwa das Hochwürgen der Nahrung oder
das Auszupfen der Haare, die dem Zoobesucher eigentlich nicht
entgehen können, werden meist ignoriert oder einfach nur
belächelt.
Ich
habe selbst die Erfahrung machen müssen: es ist der Mensch
vor dem Affengehege, der sich tierisch benimmt, nicht der Affe hinter
der Glasscheibe!
Will man in den Zoo, um Affen zu sehen, muß der Zoobesucher
den Wegweisern zum Affenhaus (Menschenaffenhaus) folgen, doch wird
der kritische Besucher die "wahren Affen" bald
unter seinesgleichen zu finden wissen.
Trotz der Ignoranz einiger Menschen, ist es wichtig sich mit der
Frage auseinanderzusetzen, was sich beim Gorilla unter Zoobedingungen
verändert, was sich verschlechtert, was zur Verbesserung des
Wohlbefinden dieser Tiere getan werden muß. Es sind schließlich
doch Verwandte von uns. So schreibt George Schaller über seine
erste Begegnung mit einem Silberrücken (Berggorilla) in freier
Wildbahn:
"He
[the gorilla] gave an impression of dignity and restrained power,
of absolute certainty in his majestic appearance. I felt a desire
to communicate with him, to let him know by some small gesture
that I intended no harm, that I wished only to be near him.
Never before had I had this feeling on meeting an animal. As we
watched each other across the valley, I wondered if he recognized
the kinship that bound us."
(Schaller 1988, 35.)
Ein
Tierpfleger des Frankfurter Zoos sagte einmal zu mir, daß
es für ihn und viele seiner Kollegen die schlimmste Strafe
sei, im Menschenaffenhaus zu arbeiten. Ich verstand seine Aussage
zunächst nicht, war es doch mein Bestreben, gerade dies während
meines Praktikums dort zu tun. Er erklärte mir seine Aussage
mit den Worten:
"Ich
kann es nicht ertragen in ihre Augen zu sehen, denn ich sehe darin
keine Tiere, sondern Menschen. Und Menschen hinter Gittern wie
Tiere zu behandeln, finde ich grausam."
Und
genau darum ist es so wichtig, sich um die Bedürfnisse dieser
Tiere zu bemühen, denn wenn wir sie schon ihrer natürlichen
Heimat nach und nach immer mehr berauben, dann ist es das mindeste
was wir tun können und müssen, für beste und adäquateste
Zustände im Zoo zu sorgen.
Und mögen die hier angeführten Veränderungen der
Gorillas unter Zoobedingungen nicht ausreichen, um zu überzeugen,
daß wir uns weiterhin um die beste Versorgung und Pflege dieser
Geschöpfe kümmern müssen, dann bleibt nur noch ein
Besuch eines Zoos. Sieht man in das Gesicht und in die Augen
eines Gorillas unter Menschenobhut, so sieht man mit einem Blick,
was wir diesen Wesen angetan haben:
"All
their emotions are in their eyes, which are a soft, dark brown.
The eyes have a language of their own, being subtle and silent
mirrors of the mind, revealing constantly changing patterns of
emotion that in no other visible way affect the expression of
the animal. I could see hesitation and uneasiness, curiosity and
boldness and annoyance. Sometimes, when I met a gorilla face to
face, the expression in its eyes more than anything else told
me of his feelings and helped me decide my course of action."
(Schaller 1988, 119.)
VI. Literaturverzeichnis
Dembowski, Jan, 1956: Psychologie der Affen. Berlin: Akademie-Verlag.
Godwin, Sara, 1994: Gorillas. Erlangen: Karl Müller Verlag.
Hagenbeck, Carl, 1909: Von Tieren & Menschen - Erlebnisse
und
Erfahrungen. Berlin:
Vita Deutsches Verlagshaus.
Hess, Jörg,
1997: Menschenaffen - Mutter und Kind. Basel: Friedrich Reinhard
Verlag.
Meder, Angela, 1993: Gorillas -Ökologie und Verhalten. Berlin,
Heidelberg:
Springer - Verlag.
Morris, Ramona u. Desmond, 1968: Der Mensch schuf sich den Affen..
.
München, Basel, Wien: BLV Bayerischer Landwirtschaftsverlag.
Phyllis, C. Jay, Editor, 1968: Primates - Studies in Adaptation
and Variability.
New York, Chicago,
San Francisco, Atlanta u.a.
Schaller, George
B., 1988, erste Auflage 1964: The Year of the Gorilla.
Chicago: The University of Chicago Press.
Sokolowsky, Alexander, o. J., zweite Auflage: Erlebnisse mit wilden
Tieren.
Leipzig: Verlag
von Max Möhring.
Nun ich hoffe
dieser Artikel bewirkt ein wenig, dass man sich Gedanken macht über
den Gorilla - und wir ihm näher kommen und ihn besser verstehen.
Lieben Gruß
an Euch
Euer Dirk
Wer
gerne etwas dazu schreiben möchte kann mich unter meiner E-Mail
erreichen.
durian@gmx.net
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